Sandy und Daniel hatten sich so sehr auf die Geburt ihres ersten Kindes gefreut. Es war eine unkomplizierte Schwangerschaft gewesen. Alles verlief nach Plan, und die Vorfreude wuchs mit jedem Tag. Doch dann kam alles anders.
Es war ein ganz normaler Abend, Sandy war auf dem Geburtstag einer Nachbarin gewesen. Ein fröhlicher Abend, gefüllt mit Lachen und Geschichten. Als die werdende Mama später nach Hause ging und sich ins Bett legte, wurde sie in der Nacht plötzlich wach. Ein Gefühl der Unruhe durchflutete sie. Sandy war sofort klar, dass etwas nicht in Ordnung war. Schnell, unsicher und besorgt fuhren die werdenden Eltern ins Krankenhaus. Dort bekamen sie die unerwartete Nachricht: vorzeitiger Blasensprung. Die Schwangerschaft würde im Krankenhaus enden. Bis zum errechneten Geburtstermin, der noch viele Monate vor ihnen lag, durften sie nicht mehr nach Hause. Die Ärzte waren zuversichtlich, dass Sandy noch einige Wochen im Krankenhaus bleiben könnte, um das winzige Baby in ihrem Bauch so lange wie möglich zu halten. Jeder Tag zählte. Sandy wurde sofort absolute Bettruhe verordnet, von nun an durfte sie nur noch liegen.
Die Tage vergingen, und die werdenden Eltern versuchten, sich mit der Situation abzufinden. Doch eines Morgens änderte sich alles. Die Herztöne des kleinen Jungen wurden immer schwächer. Die Ärzte entschieden, Sandy erneut in den Kreißsaal zu bringen, um einen Ultraschall zu machen. Die Diagnose war erschreckend: Die Fruchtwassermenge war deutlich gesunken. Sandy rief ihren Mann an und Daniel eilte sofort in die Uniklinik. In einem Gespräch mit der Oberärztin wurde die Situation abgewogen. Die Ärzte hofften, dass das kleine Baby so lange wie möglich im Mutterleib bleiben kann, aber die Zeit war jedoch gegen sie. Eine Stunde später, nach einem weiteren CTG, entschied die Gynäkologin, dass heute der Tag sein würde, an dem das noch so winzige Baby das Licht der Welt erblicken würde – Monate vor dem errechneten Termin würden sie nun Geburtstag feiern.
Dann geschah alles sehr schnell. Die Vorbereitungen für den Kaiserschnitt liefen auf Hochtouren, und Sandy wurde in den Operationssaal gebracht. Von der Entscheidung bis zur Geburt verging weniger als eine Stunde und der kleine Pepe war auf der Welt – ein winziges und zerbrechliches Baby, das gerade einmal 665 Gramm wog. Die Freude über seine Geburt war getrübt und wurde von einer tiefen Sorge überschattet. Die Ärzte teilten ihnen mit, dass es buchstäblich fünf nach zwölf gewesen sei. Hätten sie nur ein wenig länger gewartet, hätten sie ihr Baby nie kennengelernt – die Entscheidung war lebensrettend.
Pepe kam sofort auf die Intensivstation. Die junge Mutter erinnert sich, wie sie in der ersten Nacht voller Sorge war, dass ihr kleiner Sohn es nicht schaffen könnte. Die Trennung von ihrem Baby war unerträglich, und der Gedanke, dass sie ihn nach der Geburt nicht sehen konnte, schmerzt sie noch heute. Trotz der Dringlichkeit der Situation gab es keine Erklärung für die Komplikationen. Viele mögliche Ursachen wie eine Schwangerschaftsvergiftung konnten ausgeschlossen werden, doch bis heute wissen die Eltern nicht, warum es zu den Problemen kam. Diese Ungewissheit ist schwer zu ertragen.
Die nächsten Stunden, Tage und Wochen waren geprägt von Angst und Hoffnung. Die ersten sieben bis zehn Tage waren entscheidend für das Überleben des kleinen Pepe. Jeder Tag war eine neue Herausforderung, eine neue Hürde, die es zu überwinden galt. Sie kämpften für das Leben von Pepe – Schritt für Schritt. Seine Atmung, sein Herz, seine Verdauungsorgane – alles stand auf dem Prüfstand. Die jungen Eltern entschieden, dass sie keine andere Wahl hatten, als den Ärzten zu vertrauen und jeden Tag positiv anzugehen. Es war der einzige Weg, mit der ständigen Angst umzugehen.
Die Tage auf der Intensivstation vergingen langsam. Pepe kämpfte tapfer, aber es war ein langer Weg. Sandy und Daniel vergleichen es heute mit einem Marathon, in den man plötzlich und unvorbereitet starten muss – Aufgeben ist dabei keine Option. Die Eltern verbrachten jede freie Minute am Inkubator, hofften und beteten, dass es keine schlechten Nachrichten geben würde. Doch es war nicht das typische Familienleben, das sie sich vorgestellt hatten. Für sie begann alles anders: Keine typischen Babymomente wie das erste Füttern oder Baden, sondern lange Tage am Inkubator, in denen sie ihren Sohn einfach nur beobachten konnten. So wurde jeder kleine Fortschritt gefeiert, aber die Rückschläge blieben nicht aus. Es dauerte einen ganzen Monat, bis Pepe die 1000 Gramm erreichte, und seine Atmung blieb eine große Herausforderung. Obwohl er nach der Geburt selbstständig atmen konnte, brauchte er weiterhin Unterstützung. Es fiel ihm schwer, ohne Hilfe zu atmen, und er musste über eine Magensonde ernährt werden.
All diese Sorgen nagten an den Nerven der Eltern, die sich ständig in Geduld üben mussten. Sandy spürte, wie ihre eigene Unruhe auf ihren kleinen Pepe überging, und bemühte sich, Ruhe zu bewahren und positiv zu bleiben. Die Eltern motivierten einander, beschlossen, dass sie lernen müssen, dass Pepe das Tempo vorgibt – er läuft den Marathon und sie können ihn dabei bestmöglich unterstützen.
In dieser schwierigen Zeit half der jungen Familie das Ronald McDonald Haus. Hier fanden sie nicht nur ein >Zuhause auf Zeit< in der Nähe ihres kleinen Babys, sondern auch eine Gemeinschaft von Eltern, die ähnliche Schicksale teilten. Der Austausch mit anderen Familien gab ihnen Halt und Kraft. Das Elternhaus wurde zu ihrem sicheren Hafen und zu einem Ort der Ruhe. Die Mitarbeiterinnen waren immer da, um zuzuhören, Trost zu spenden und kleine Freudenmomente zu schaffen. Sandy und Daniel genossen die Angebote wie das Verwöhnfrühstück, das Abendessen und die kleinen Auszeiten, die ihnen halfen, neue Energie zu tanken. Sie waren dankbar, dass ihnen an manchen Tagen ganz alltägliche Dinge abgenommen wurden. So mussten sie sich mal keine Gedanken über den Einkauf oder das Zubereiten einer Mahlzeit machen. Im Ronald McDonald Haus lernten sie auch, dass es wichtig war, an sich selbst zu denken und auf sich zu achten, um für ihren kleinen Kämpfer stark sein zu können. Die Möglichkeit, sich im Ronald McDonald auszuruhen, war ein Segen, und die Freundschaften, die sie hier schlossen, halten bis heute. Der Zusammenhalt dieser wichtigen und wunderbaren Gemeinschaft gab ihnen die Kraft, die sie für ihren Marathon mit Pepe brauchten.
Für die Angehörigen und Freunde war es ebenfalls eine herausfordernde Zeit. Es war nicht die typische Geburt, und die Großeltern mussten drei Monate warten, bis sie ihren Enkel zum ersten Mal in den Arm nehmen durften. Doch all die Liebe und Unterstützung, die sie von ihrer Familie und den Freunden erhielten, schweißte sie alle noch enger zusammen.
Nach vielen Wochen auf der Intensivstation und weiteren Wochen auf der Früh- und Neugeborenenstation konnten die Eltern endlich aufatmen. Trotz aller Komplikationen entwickelte sich Pepe gut, er machte langsam Fortschritte. Er war ein Kämpfer, und seine Eltern waren es auch. Und so kämpften sie sich gemeinsam durch diese herausfordernde Zeit.
Sandy und Daniel haben durch Pepes plötzlichen Start ins Leben erfahren, dass nichts nach Plan verläuft. Von jetzt auf gleich waren sie Eltern eines Extremfrühchens, aber sie haben gelernt, jeden Tag positiv anzugehen und sich nicht unterkriegen zu lassen. Ihr Marathon war alles andere als leicht – ständige Angst, Hoffnung, kleine Erfolge und wieder Rückschläge. Doch die Ausdauer, die sie in dieser Zeit aufbrachten, wurde belohnt: Pepe wog bei seiner Entlassung 2835 Gramm – zehn Tage vor dem eigentlich errechneten Geburtstermin. Heute wissen sie, dass das Leben mit einem Frühchen kein Sprint, sondern ein Marathon ist. Und sie waren bereit, diesen >Marathon für ein Leben< gemeinsam zu laufen. Hand in Hand als Familie, jeden Tag ein Stückchen weiter.
Danke für eure berührende Mutmachgeschichte – wir wünschen euch von Herzen alles Liebe.
02.10.24