Kennt ihr das? Man wacht morgens auf und ist irgendwie nicht so gut drauf wie sonst, Antriebslosigkeit und schlechte Laune bestimmen den Tag. Nichts Ungewöhnliches, oder? Für die Familie des kleinen Ali Naim kommt das nicht infrage. Das passt einfach nicht zu dieser lebensfrohen, optimistischen und unglaublich herzlichen Familie. Und das, obwohl die Eltern Gül und Gökhan jeden Tag auf eine harte Bewährungsprobe gestellt werden.
Ihr Sohn Ali Naim ist im Herbst 2017 als Notfall von Bremen ins Deutsche Herzzentrum nach Berlin verlegt worden. Herzmuskelschwäche und -entzündung lautete damals die Diagnose. Die Ärzte kämpften Wochen und Monate um das kleine Herz des heute mittlerweile Eineinhalbjährigen – leider ohne Erfolg. Anfang April wurde Ali Naim deshalb gelistet. Er wartet seither auf ein Spenderherz. Wie lange noch, das weiß niemand. Eine Situation, die vor allem den Eltern Unfassbares abverlangt. Dennoch machen sie das Beste aus der Situation.
Vor kurzem durfte Ali Naim ein Einzelzimmer auf der Station im Deutschen Herzzentrum beziehen. ”Purer Luxus!”, erzählten mir die Eltern, als ich den kleinen Mann neulich bei einem Besuch kennenlernen durfte. Das etwa 9 Quadratmeter große Einzelzimmer ist derzeit der Lebensmittelpunkt der Familie. Es ist liebevoll dekoriert, Kuscheltiere säumen das Bett und auf der Fensterbank stehen Bauklötze und Spielzeugautos.
Die Offenheit der Familie ist wirklich außergewöhnlich. Wie selbstverständlich bin ich für zwei Stunden Gast dieser großartigen Familie. Selbst Ali Naim hat keinerlei Berührungsängste und kuschelt sich ohne Berührungsängste in meinen Arm, als ich ihn halten durfte. Seine himmelblauen Augen strahlen mich an und es scheint fast so, als wäre es eine ganz normale Familie. Wäre da nicht dieser anderthalb Meter lange Schlauch, der für Ali Naim lebensnotwendig geworden ist und sein eigenes Herz mit einem ”Berlin Heart” verbindet. Ein seidener Faden, der zwar ein Leben ermöglicht, aber dennoch ans Krankenhaus fesselt. Ein Gang auf den Spielplatz oder in den Park ist unmöglich. Die Akkulaufzeit des Kunstherzens beträgt maximal 30 Minuten. Eine Zeit, die von den Eltern niemals ausgereizt wird. Auf der Station gibt es noch vier weitere Familien, die aktuell auf ein Spenderherz warten. Alle unterstützen sich gegenseitig und sind füreinander da.
Für die Familie ist dennoch jede Abwechslung willkommen. Wenn der Kleine eingeschlafen ist, kommen die Eltern im Ronald McDonald Haus ein wenig zur Ruhe. ”Wir sind so dankbar und glücklich, dass es euch gibt und wir in der Nähe von Ali sein können. Wir wüssten gar nicht, was wir sonst machen würden”, erzählen mir die beiden. Vor allem auf die wöchentlichen Verwöhn-Abendessen freuen sie sich immer sehr. Eine kleine Auszeit, die unbedingt nötig ist, um am nächsten Tag wieder 200 Prozent für ihren Ali Naim zu geben. Wir drücken Ali Naim und allen anderen kleinen Kämpfern die Daumen und wünschen alles Gute!
13.07.2018