Wenn aus Fremden Freunde werden – eine Reise vom Regen zum Sonnenschein – Ronald McDonald Haus Erlangen
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Wenn aus Fremden Freunde werden – eine Reise vom Regen zum Sonnenschein

Es gibt Familien bei uns im Haus, die trotz ihrer eigenen Sorgen Anderen ganz viel Mut machen. Diese Familie hier hat eine ganz besondere Geschichte zu erzählen. Papa Daniel erinnert sich:

Familienfoto mit Erinnerung an ihre beiden Engel

Nach einem langen und schweren Weg erfüllte sich im Mai 2017 endlich unser Wunsch der Familienplanung. Wir hatten es geschafft und waren schwanger! Bei den folgenden Routineuntersuchungen erfuhren wir, dass wir Zwillinge bekommen. Die Freude und zugleich auch die Anspannung waren riesig! Aufgrund der besonderen Situation mit Zwillingen hatten wir sehr viele Frauenarzttermine und Vorsorgeuntersuchungen. Der Arzt sagte uns, dass wir einen Jungen und ein Mädchen erwarten würden und alles in bester Ordnung sei. Unsere beiden kleinen Mäuse wuchsen prächtig und nach und nach legten sich Furcht und Anspannung wegen möglicher Komplikationen. Vorfreude machte sich breit.

Bei einer der folgenden Untersuchungen schlug das Schicksal dann jedoch mit voller Härte zu. Unser Frauenarzt teilte uns in der 21. SSW mit, dass sich der Gebärmutterhals plötzlich stark verkürzt hatte und er die Fruchtblase unseres kleinen Mädchens bereits sehe. Noch völlig traumatisiert von diesem Schock, wurden wir direkt von der Praxis in das nächstgelegene Krankenhaus geschickt. Nach einer Woche stationärem Aufenthalt, einer Operation und vielen Stunden zwischen Hoffen und Bangen wurden wir schließlich wieder entlassen. Doch das Schicksal meinte es weiterhin nicht gut mit uns: Bei der nächsten Untersuchung in der Frauenarztpraxis stellte sich heraus, dass sich die Lage trotz operativem Eingriff drastisch verschlechtert hatte und er machte uns keine großen Hoffnungen auf ein glückliches Ende. Sofort wurden wir in die Frauenklinik Erlangen überwiesen. Dort verschlechterte sich die Lage trotz höchst professioneller medizinischer Betreuung zunehmend.

Unsere Engelchen Sebastian & Elisa traten die Reise in den Himmel an

Am 17.09.2017 wurden dann tatsächlich unsere schlimmsten Befürchtungen wahr. Die Geburt unserer beiden Mäuschen Sebastian & Elisa ließ sich nicht mehr verhindern. Für die Beiden bestand aufgrund des Zeitpunktes der Geburt (23. SSW) keine Chance, bei uns zu bleiben. Die Ärzte teilten uns mit, dass beide höchstwahrscheinlich noch während des Geburtsvorganges versterben werden. Doch unsere beiden ersten Kinder waren, obwohl so klein, bereits Kämpfer. Sie schenkten uns über eine gemeinsame Stunde, ehe sie die Reise in den Himmel antraten. Worte für diese Stunde des Glücks, der Schmerzen und der Trauer zu finden, sind unmöglich. Diese sechzig Minuten werden für immer in unserem Gedächtnis bleiben.

Die Zeit danach

In den folgenden Wochen und Monaten rückten wir noch enger zusammen. Oft waren wir an einem Punkt angekommen, an dem wir einfach alles hinwerfen wollten und stellten uns viele Fragen. Gibt es etwas Schlimmeres, als seine Kinder beerdigen zu müssen? Warum wir, wir haben doch keinem etwas getan? Wir sind noch so jung… Trotz alledem gaben wir nie auf. Unsere Liebe und Nähe war stärker als je zuvor. Und wir waren jetzt vor allem eins - Eltern! Wir mussten doch trotzdem für unsere Sternenkinder Vorbilder sein. So schafften wir es - nicht zuletzt mit großer Unterstützung unserer Familien und Freunde - weiter für den Traum einer Familie mit Erdenkindern zu kämpfen.

Wir haben es wieder geschafft! Doch wie wird es weitergehen?

Im Juli 2018 erhielten wir dann die Nachricht, es wirklich wieder geschafft zu haben! Wir waren wieder schwanger! Auch wenn wir uns bewusst für diesen Schritt entschieden hatten, übermannte uns neben dem unendlichen Glücksgefühl natürlich auch sofort wieder die Angst, dass etwas schief gehen könnte. Mit großer Anspannung nahmen wir unsere Vorsorgeuntersuchungen wahr. Diesmal schien wirklich alles gut zu gehen. Alle Werte waren super, ein gesundes Mädchen war es. Als es nun wieder in Richtung der 21. SSW ging, nahmen wir uns drei Wochen Urlaub und wollten diese Hürde so entspannt und gelassen wie möglich nehmen. Wir machten noch einmal Urlaub in den Bergen und nahmen uns vor, nach der geschafften Etappe die restliche Schwangerschaft endlich mal so richtig zu genießen.

Alles kam anders! Wieder mussten wir um unser Baby bangen

Das vermeintliche Unheil nahm dann jedoch wieder seinen Lauf. Meine Frau Kathrin wurde in der Nacht plötzlich wach und stellte fest, dass sie ziemlich viel Blut verlor. Der Schock saß sehr tief. Alle schrecklichen Momente und Erfahrungen der ersten Schwangerschaft waren plötzlich wieder so real. Neben der schweren nervlichen Belastung, dass wieder alles schief gehen könnte, kamen alle Erinnerungen an die Schwangerschaft von Sebastian & Elisa hoch. Nichts desto trotz versuchten wir so gut es geht, die Nerven zu bewahren und fuhren in die Notaufnahme des nächstgelegenen Klinikums. Bei der nachfolgenden Untersuchung lagen wir uns in den Armen und wollten nicht wahr haben, was das gerade passierte. Doch wir gaben die Hoffnung nicht auf. Irgendwie wussten wir auch, dass unsere beiden Engelchen bestimmt auf uns und ihre kleine Schwester aufpassen würden. Schließlich die vorsichtige Entwarnung: Der Kleinen geht es gut, die Schwangerschaft ist weiterhin intakt hieß die Diagnose. Aufgrund der tiefsitzenden Plazenta hat sich ein Hämatom gebildet, welches nun abfloss. Die Ärzte machten uns Mut. Sie sagten, dass dies meistens eine einmalige Sache sei und der Rest der Schwangerschaft komplikationslos verlaufen würde.

Nach drei Tagen stationärem Aufenthalt durften wir schließlich wieder nach Hause. Unser Glück hielt jedoch nicht lange. Was folgte, waren mehrere Wochen mit extremen Höhen und Tiefen. Insgesamt mussten wir weitere sechs Mal mit starken Blutungen ins Krankenhaus und wurden dort nach mehreren „blutungsfreien“ Tagen wieder entlassen. Bei jeder Blutung lief derselbe Film von vorne ab. Was wird der Arzt bei der Untersuchung feststellen? Geht es unserer kleinen Maus gut? Bitte lass uns nicht noch ein Baby verlieren….

Der Kopf war so voll und doch so leer. Jedes Mal, als alles gut zu sein schien, ging der Albtraum wieder von vorne los. Immer, wenn wir uns vorsichtig darüber freuten, dass alles ein gutes Ende nimmt, kam der nächste Schock. Mit jeder neuen Blutung wurde es schwerer, wieder in die Spur zu finden und so gut es geht Ruhe zu bewahren.

Unser Gefühl sagte uns, dass wir die 40. SSW wahrscheinlich nicht erreichen werden. Wir setzten uns deshalb kleinere Ziele und wollten die durch den Leiter der Frauenklinik vorgegebene Grenze, die 28. SSW, und später die „magische Grenze“ von 30+ SSW unbedingt erreichen.

Die „magische Grenze“ 30 + 0 rückte näher

Wir wichen keine Sekunde mehr voneinander und versuchten, uns die Zeit in der Klinik so angenehm wie möglich zu machen. Nachdem wir die immer wieder kehrenden Blutungen einigermaßen in den Griff bekommen hatten, machte sich wieder einmal ein vorsichtiges Glücksgefühl breit. Doch die nächste niederschmetternde Diagnose ließ nicht lange auf sich warten: aufgrund der bereits vier Wochen anhaltenden Blutungen bekam nun auch die Fruchtblase einen Riss. Wir wollten es nicht wahr haben. So kurz vor unserem gesteckten Zwischenziel sah es so aus, als würden wir vielleicht doch scheitern und unsere kleine Maus verlieren. Wieder keimte ein Funken Hoffnung auf, als uns der Oberarzt mitteilte, dass es durchaus möglich sei, auch mit einer geplatzten Fruchtblase die Schwangerschaft noch einige Wochen aufrecht zu erhalten. Mit diesen positiven Worten am Vormittag des 31.12.2018 nahmen wir uns vor, die Jahreswende so angenehm wie möglich zu gestalten. 

Sophias „Blitzstart“

Am Abend des 31.12.2018 bekam meine Frau plötzlich fürchterliche Schmerzen. Jegliche Untersuchung und die Aufzeichnungen des Wehenschreibers deuteten jedoch darauf hin, dass es nicht an einem bevorstehenden Geburtsvorgang läge. So wurden wir mehrmals zwischen Krankenzimmer und Kreissaal hin und her geschoben. Nach jeder Untersuchung hieß es, dass es keine Anzeichen für eine Geburt gäbe, die Schmerzen wurden jedoch immer größer. Obwohl der Wehenschreiber nach zwei Stunden noch immer keine einzige Wehe aufzeichnete, kontrollierte der Oberarzt dennoch den Muttermund erneut. Plötzlich hörten wir nur noch „NOTSEKTIO“. Der Muttermund hatte sich innerhalb von Sekunden komplett geöffnet. Sollte unsere kleine Maus nun komplett in den Geburtskanal rutschen, würde es nicht gut um sie stehen. Das gesamte Team des Kreissaals lief durch den Gang und bereitete innerhalb von Sekunden den Notkaiserschnitt vor. Die Anspannung und Angst waren kaum zu ertragen. Wir wussten nicht, was uns nun bevorstehen würde, aber unsere Chancen standen sehr schlecht. Doch dann, um 23:53 Uhr, geschah das Wunder. Die Ärzte holten unsere kleine Sophia in der 27+0 SSW mit gerade einmal 900 Gramm zur Welt.

Sophia legte einen unglaublichen Start hin und atmete von der ersten Sekunde an selbstständig. Wir hingegen hatten einen Punkt erreicht, an dem wir uns nur noch sehr schwer über Wasser halten konnten. Wir waren so glücklich, dass die Geburt so gut verlief, hatten jedoch unbeschreibliche Ängste um unsere Sophia. Wie wird sie die nächsten Wochen überstehen? Entwickelt sie sich trotz ihrer frühen Geburt normal? Am liebsten hätten wir ihr die schweren Tage abgenommen. Wir wollten sie vor allem beschützen, doch nun musste sie kämpfen und sich selbst ihren Herausforderungen stellen.

Zuhause im Ronald Mc Donald Haus

Sofort als sich meine Frau einigermaßen von den Strapazen der Notoperation erholt hatte, zogen wir ins Ronald McDonald Haus. Wir waren überglücklich, die Möglichkeit bekommen zu haben, den weiteren Weg gemeinsam gehen zu können. Ohne das Haus hätte ich nicht bei meiner Familie bleiben können, da der tägliche Weg von Zuhause in die Klinik einfach zu weit gewesen wäre. Doch eine Trennung hätten wir nicht mehr verkraftet, viel zu sehr hatten die vergangenen Wochen und das Erlebte an unseren Kräften gezerrt. Das Ronald McDonald Haus wurde für uns sehr schnell ein Ort der Geborgenheit. So konnten wir einfach mal die Türe hinter uns schließen und in Ruhe neue Kräfte mobilisieren oder uns beim Verwöhn-Abendessen mit anderen Eltern austauschen. Nach und nach wurden aus Bekanntschaften sehr enge Freundschaften. Alles in diesem Haus war und ist einfach so unkompliziert und familiär. Diese gewonnene Kraft konnten wir wiederum im Krankenhaus beim Kuscheln an unsere kleine Sophia weitergeben. Nun, nach mittlerweile neun Wochen Aufenthalt und vielen genommenen Hürden wurde uns durch das Klinikpersonal mitgeteilt, dass wir auf der Zielgeraden sind und wir unsere kleine Maus hoffentlich bald mit nach Hause nehmen dürfen. Erlangen wurde durch dieses Erlebnis ein besonderer Ort für uns und nichts trifft es besser als das Sprichwort: „Wir kamen als Fremde und gehen als Freunde“.

Danke für die unglaubliche Energie, die ihr uns gegeben habt. 

Mit großer Unterstützung unserer beiden Engel Sebastian & Elisa und den „Engeln“ des Ronald McDonald Hauses Erlangen beginnt hoffentlich nach langem Regen nun endlich ein Lebensabschnitt voller Sonnenstrahlen.


Kathrin, Daniel & Sophia

06.03.2019

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