Familiengeschichte Nils – Ronald McDonald Haus Hamburg-Eppendorf
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Ronald McDonald Haus
Hamburg-Eppendorf

Ein Lachen, das verzaubert! Und ein anderes Wort für Schmetterling…

Freitagmorgen. Wie jede Woche fährt die Hamburger Müllabfuhr durch die Straßen und macht auch Halt in der Robert-Koch-Straße Nr. 20. Schließlich gibt’s hier im Ronald McDonald Haus vier Mülltonnen zu leeren. Ganz normaler Alltag. Doch plötzlich ertönt ein Lachen und ein Juchzen auf der Straße: Der 3-jährige Nils kommt gerade mit seinem Papa vom Brötchenkaufen zurück und hat bereits das entdeckt, was ihn derzeit am Allermeisten fasziniert: Müllmänner, die die Mülltonnen verladen. Die Freude bei ihm ist so groß, dass sich auch vorbeigehende Passanten umdrehen und von seinem fröhlichen Lachen verzaubert fühlen.

Lebensfreude pur!
Stephanie, Dennis und ihr kleiner Nils auf der Rutsche im Garten des Ronald McDonald Hauses
Die Welt auf Papas Arm entdecken!
Ein anderes Wort für Schmetterling...

So geht es fast jedem, der Nils begegnet. Nils ist ein Kind mit Down-Syndrom, von dessen Behinderung seine Eltern Stephanie und Dennis erst bei seiner Geburt erfahren haben. Ein kleiner Junge mit ganz besonderen Bedürfnissen, der von seinen Eltern viel Aufmerksamkeit benötigt. Doch der kleinen Familie ist der gemeinsame Weg trotz vieler Herausforderungen bislang sehr gut gelungen. Seit seinem zweiten Lebensjahr geht Nils in eine 15-köpfige Krippengruppe, in der er sich bestens eingelebt und dort im besten Sinne des Wortes seinen Platz gefunden hatte. Das Sprechen klappt noch nicht ganz so perfekt, dafür hat er jedoch einen bereits beachtlichen Wortschatz an Gebärden gelernt. Mit Hilfe der gebärdenunterstützten Kommunikation, klappt die Verständigung mit seinen Eltern, innerhalb der Krippengruppe und mit seinem persönlichen Umfeld immer besser. Alles scheint auf einem guten Weg zu sein. 
Doch dann kommt es im Februar 2022 bei einer Routineuntersuchung zu Auffälligkeiten im Blutbild.. Die Sorgen der Eltern waren groß und wie es sich herausstellte nicht unberechtigt. Die Wahrscheinlichkeit einer Leukämie-Erkrankung für Kinder unter 5 Jahren mit Down-Syndrom wird aufgrund bestimmter Chromosomenveränderungen bis zu 100 Mal höher eingestuft als für Kinder der gleichen Altersklasse ohne Down-Syndrom. Ein schlimmer Verdacht, der sich bewahrheiten sollte. Im April kam der Anruf vom behandelnden Arzt aus der Medizinischen Hochschule in Hannover (MHH): „Ihr Sohn hat Leukämie!“ Ein Paukenschlag für die Eltern. An einer Chemotherapie würde kein Weg vorbeiführen. Die Ärzte der MHH schlugen der Familie die Teilnahme an einer Studie vor, die speziell die Wirkweise eines Medikamentes für Kinder mit Down-Syndrom untersuchte. Ein Präparat, das bereits erfolgreich bei Kindern und Erwachsenen ohne Down-Syndrom eingesetzt wird und zugleich weniger Nebenwirkungen versprach. Allerdings war das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf die federführende Klinik innerhalb dieser Studie. Die Eltern entschieden sich nach einem fundierten Aufklärungsgespräch mit Prof. Dr. Wössmann sehr schnell für eine Teilnahme, da sie darin eine große Chance für Nils sahen. Doch dann tauchte die Frage auf: Wo übernachten? Keinesfalls wollten sie 2-3 x wöchentlich von Hannover nach Hamburg pendeln, außerdem mussten sie im Falle hohen Fiebers (eine der typischen Nebenwirkungen unter der Chemotherapie) schnell in der Klinik sein. Trotz sonst langer Warteliste hatten alle drei im Mai 2022 eine Riesenportion Glück. Sehr schnell wurde ein Zimmer frei und sie zogen im Ronald McDonald Haus Hamburg-Eppendorf ein. 
Und Nils‘ Lachen verzauberte vom ersten Moment an alle, die auf ihn trafen. Schon in den ersten Tagen seines Einzuges lernte er  ein neues Wort der Gebärdensprache: Schmetterling. Diese waren zu dem Zeitpunkt überall im Elternhaus zur Dekoration verteilt:  kleine Holzschmetterlinge, welche die Gemeinschaftsträume des RMH zierten. Liebe auf den ersten Blick. Fortan formten Nils Hände bei jedem Gespräch einen kleinen flatternden Schmetterling. Und dazu immer wieder dieses besondere Leuchten in seinen Augen. 

Insgesamt 68 Tage wohnte er mit seinen Eltern in Hamburg-Eppendorf. Jede vierte  Woche musste er eine Woche stationär zur Behandlung aufgenommen werden und dazwischen mindestens zweimal wöchentlich zur Kontrolle. Ein Elternteil auf der Station, das andere im Ronald McDonald Haus. Doch zumindest konnte der jeweils andere Elternteil dann in der Nähe sein und man konnte sich unter den strikten Besuchsregeln der Onkologie zumindest eine Stunde lang sehen, ohne dafür insgesamt drei Stunden Autofahrt hinter sich bringen zu müssen. Nils Immunsystem war trotz allem so geschwächt, dass die erste Krise kaum auf sich warten ließ. Eine schwere Lungenentzündung, von der er sich nur langsam erholte. In der akuten Phase auf der Intensivstation konnte kein Elternteil bei ihm im UKE übernachten.
Dennis Lembcke, der in der IT-Branche zuhause ist und sein Homeoffice in dieser Zeit in das TV-Zimmer im ersten Stock verlegte über die Zeit in Hamburg-Eppendorf: „Seit Nils Geburt überprüfen wir jede Entscheidung aus vielen Blickwinkeln, was sie für Auswirkungen auf Nils haben würde. Das ist quasi unser Kompass. Die Behandlung in Hamburg und der Einzug in das Ronald McDonald Haus bedeuteten eben auch für Nils, dass er immer Kontakt zu beiden Elternteilen haben konnte. Wir konnten nie beide auf der Station sein, aber zumindest konnte er uns beide immer sehen, wenn auch zum Teil nur kurz.“
Beide Eltern haben die Zeit im Ronald McDonald Haus sehr genossen. Stephanie setzte sich nach einem zehntägigen Nonstop-Aufenthalt im UKE am ersten Nachmittag, nach Schichtwechsel mit ihrem Mann, einfach nur in den Garten und genoss die frische Luft und einen Moment der Ruhe. Klar, für beide ließ sich niemals die Sorge um Nils abstellen. Aber das Haus mit seinen Verwöhnangeboten und auch den Kontakten zu anderen betroffenen Eltern, bezeichneten beide Eltern als einen Gewinn. 
Als die Familie am 1. August auszog, war es ihr größter Wunsch, die weitere Behandlung in Hannover möglichst reibungsfrei abzuschließen und zurückzukehren in einen Alltag ohne Angst. Ganz normal, gegenüber dem Bauernhof, wo der Landwirt mit seinem Trecker Nils begeistert und er diesen mit tobendem Applaus begrüßte. Denn neben Müllautos und Schmetterlingen stehen beim kleinen Kraftpaket Nils Trecker aller Art ganz hoch im Kurs.

05.11.22