Tom: Schritt für Schritt in ein freieres Leben – Ronald McDonald Haus Lübeck
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Tom: Schritt für Schritt in ein freieres Leben

Tom hat einen seltenen Gen-Defekt mit dem Namen „Franceschetti-Syndrom“ oder auch „Treacher-Collins-Syndrom“. Schritt für Schritt kämpft er sich vorwärts auf seinem Weg zu einem freieren Leben.

Tom mit seiner Familie auf dem Spielgerüst in unserem Garten

Sabine und Christian Kampen hatten sich für die Geburt ihres dritten Sohnes Tom eine kleine Geburtsklinik in der Nähe ihres Wohnortes gleich an der niederländischen Grenze in Niedersachsen  gesucht. Bei der Geburt wurde festgestellt, dass Tom an einem seltenen Gen-Defekt mit dem Namen „Franceschetti-Syndrom“ oder auch „Treacher-Collins-Syndrom“ leidet. Dies ist eine seltene Erkrankung, von der etwa eines von 50.000 Kindern von Geburt an betroffen ist und die sich durch die deutliche Fehlbildung des Mittelgesichts, der Ohren und des Kiefers ausprägt. Gleich zu Beginn seines Lebens war durch die Fehlbildungen die Atmung von Tom gefährdet, die Nase verschlossen und die Zunge drohte jederzeit die Atemwege zu verlegen. Somit musste Tom sofort in ein größeres Krankenhaus verlegt werden, wo zunächst mit Hilfe von Gaumenplatten die Atmung sichergestellt und nach ca. 9 Wochen ein Luftröhrenschnitt vollzogen wurden, der noch heute seine Atmung ermöglicht, aber den Alltag auch sehr einschränkt.

Mit Hilfe einer Brille und einem Knochenleithörgerät kann Tom seine Umwelt gut wahrnehmen, hört gut und spricht trotz der fehlenden Kiefergelenke gut und deutlich und ist auch geistig völlig normal entwickelt. Über viele Monate und Jahre musste Tom immer wieder in Behandlung, inzwischen bei Spezialisten in Hamburg und in Lübeck, die nach und nach mit dem künstlichen Aufbau von Fettgewebe und Knochen im Mittelgesicht begannen. Ziel dabei ist es die Physiognomie des Gesichtes so herzustellen, dass Tom, bei dem das Syndrom besonders stark ausgeprägt ist, selbständig frei atmen und somit auch ohne einschränkenden Luftröhrenschnitt leben kann. Nach einem Aufenthalt in der Uniklinik in Lübeck im Frühjahr 2019 für die Rekonstruktion der Jochbeine und dem damit verbundenen Aufenthalt der Familie bei uns, stand für Tom nun eine große Operation zur Anlage der Orbitalböden an. Da diese Knochen bei einem Kind noch mitwachsen müssen, scheiden andere Materialien aus und diese werden in einer aufwändigen Operation durch körpereigenen Schädelknochen geformt. Sabine und Christian Kampen stellten ihre älteren Söhne Ben (11 Jahre) und Max (9 Jahre) in den Ferien vor die Wahl Tom nach Lübeck zu begleiten, was beide sofort annahmen. So zog die gesamte Familie Mitte August 2020 bei uns im Haus ein und begleitete Tom in der Zeit vor und nach der 16-stündigen OP. Jede Nacht verbrachte ein Elternteil die unruhige Zeit in der Klinik bei Tom mit wenig Schlaf nach der langen Narkose, während sich der andere um Ben und Max und die Versorgung der Familie kümmerte.

Die Momente, in denen Tom dann erstmals wieder mit dem Rollstuhl zu uns ins Haus kommen konnte, waren ganz besondere. Am Vorabend der Abreise konnte er bereits wieder mit seinen Brüdern auf unserem Kletterschiff toben, rutschen und springen, also all das, was 5-Jährige gerne machen.

Wir werden Tom auf seinem weiteren Weg sicher noch etwas begleiten und hoffen sehr, dass er seinem Ziel nach einem freieren Leben ohne Luftröhrenschnitt immer näher kommt.

13.11.2020