Eigentlich erleben wir im Ronald McDonald Haus regelmäßig Auszüge von Familien, die von der Klinik aus wieder nach Hause dürfen, aber der von Familie Lammertz war dann doch ein ganz besonderer.
Als Stephanie und Johannes uns erzählten, dass sie bald nach Hause dürfen, kam die unverhoffteste Reaktion von unserer damaligen FSJlerin Katrin Sterzenbach: „Oh nein, dann sehe ich ja die Osterdeko gar nicht mehr!“ Nach einem herzhaften Lachen in der Runde, wussten wir aber doch alle, was sie meinte. Wenn es einen Preis für das Apartment mit der schönsten Dekoration und den meisten Kinderfotos geben würde, hätte die Familie glasklar den 1. Platz gewonnen. Wo wir immer dachten, unsere Zimmer hätten Atmosphäre, belehrte uns Stephanie eines Besseren und machte ihr Zuhause auf Zeit zum wöchentlichen Highlight unseres Apartmentchecks.
Aber auch diese Anekdote entspringt einer ernsthafteren Geschichte. Nämlich der, der kleinen Luisa. Sie kam fast zwei Monate zu früh auf die Welt und bescherte ihren Eltern bereits nach einigen Tagen ihres jungen Lebens einen gehörigen Schock. Die Ärzte stellten einen sehr seltenen und komplexen Herzfehler fest und klärten Papa Johannes und Mama Stephanie in den kommenden Wochen immer wieder über die nächsten Behandlungsschritte und operativen Eingriffe auf.
„Es war eine nervenzehrende und sehr emotionsgeladene Zeit. Monatelang mussten wir uns steril verhüllen, wenn wir unsere Tochter besuchen wollten. Mein Mann und ich haben uns noch einmal auf‘s Neue schätzen und lieben gelernt – auch wenn das manchmal nicht einfach war“, sagt Stephanie mit einem Augenzwinkern. Man versteht sie gut. In den 134 Tagen, die sie in unserem Elternhaus verbrachten, lernten sie mit der Diagnose DiGeorge-Syndrom umgehen, erlebten den Advent und Weihnachten mit eigentlich fremden Menschen, feierten mit neu gewonnenen Freunden Silvester, nahmen 18-mal am Verwöhn-Frühstück und –Abendessen teil und waren anderen Eltern, welche in dieser Zeit traurige Ereignisse verkraften mussten, eine große Stütze. Aber auch sie selbst erfuhren Rückhalt durch die Gemeinschaft im Ronald McDonald Haus. Beispielweise am Tag der großen Operation nach dem Yasui-Verfahren. „Acht Stunden hat es gedauert. Als wir dann endlich erfuhren, dass alles gut gegangen war und wir wieder zu Louisa konnten, war es ein Gefühl, als würden wir zum zweiten Mal Eltern.“ Die große Erleichterung sieht man den beiden auch heute noch auf den ersten Blick an.
Luisa ist eine Kämpferin. Das Meistern von Herausforderungen hat sie in doppelter Portion von Mama und Papa geerbt. „Wir sind glücklich, dass wir mit einem herzgesunden Kind nach Hause fahren dürfen. Und der Rest ist nichts, was einem vom Leben abschirmt. Wir wollen beide wieder arbeiten, haben bald einen Krippenplatz für Luisa und freuen uns darauf, dass der Diakon, der uns getraut hat, nun auch unsere Tochter tauft.“
Als sie am Tag der Abreise zu dritt vor uns stehen, wissen wir, dass sie gemeinsam genauso stark wie glücklich sind.
10.08.2017