Unser FSJ im Ronald McDonald Haus – Marie ist über sich hinausgewachsen – Ronald McDonald Haus Sankt Augustin
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Unser FSJ im Ronald McDonald Haus – Marie ist über sich hinausgewachsen

Marie ist inzwischen 20 Jahre alt und hatte sich vor einem guten Jahr als FSJ-lerin im Ronald McDonald Haus in Sankt Augustin beworben. Der Anfang war nicht leicht für sie – inzwischen kann sie sich ihr Leben kaum noch anders vorstellen. Denn sie ist Teil der Haus-Familie in Sankt Augustin geworden. Im Rückblick ist es spannend zu erfahren, wie sich das alles entwickeln konnte.

Warum hast du in Sankt Augustin angefangen?

Da ich von weiter weg herkomme, hatte ich mein Vorstellungsgespräch und das Probearbeiten an einem Tag. In Sankt Augustin hat es mir direkt super gut gefallen. Sabine, die das Haus leitet, war so offen und ich hatte direkt das Gefühl, dass das Team keine Kolleginnen sind, sondern vielmehr wie eine Familie. Und so ist es auch. Wir machen hier zum Beispiel, wenn es irgendwie geht, immer zusammen Mittagspause. Das finde ich voll schön, da kann man dann auch mal was Privates erzählen. Das hat man direkt am ersten Tag gespürt. Das war richtig toll!

Was habe ich gelernt?

Oh, da ist so vieles. Auch, wie wichtig Kommunikation ist – und das ich das tatsächlich kann. Ich bin in der Zeit viel offener geworden und habe gelernt zu kommunizieren. Letztens habe ich sogar eine Hausführung gemacht. Sabine hat mich spontan gefragt. Sowas hätte ich mir früher nie zugetraut. Ich habe so viel Selbstvertrauen gewonnen. Auch hatte ich früher Angst zu telefonieren. Jetzt gehe ich hier wie selbstverständlich ans Telefon. Im Zweifel bitte ich den Anrufer, das später nochmal mit Sabine zu besprechen. Das gibt mir die Sicherheit, die ich brauche, um mich stark genug zu fühlen.

Auch hat sich mein Englisch total verbessert. Man lernt sich zu verstehen. Und wenn es mit Englisch nicht klappt, dann mit Händen und Füßen und mit Google Translator. Egal ob die Menschen aus Armenien, aus der Ukraine oder Russland kommen, irgendwie gelingt es immer.

Was war anders als erwartet?

Am Anfang habe ich gedacht, ich hätte mehr Kontakt zu den Kindern. In der täglichen Arbeit stehen aber die Eltern im Vordergrund, seltener wohnen hier auch mal Geschwisterkinder. Das hat mir dennoch gefallen. Ich hatte es mir nur anders vorgestellt, als ich mir das auf der Website durchgelesen hatte.

Was war schwierig?

Ich habe hier im Apartment gewohnt und auch hier unten gekocht, wo die Eltern kochen. Das war schon eine Herausforderung. Denn du hast hier unten kein Privatleben und keinen Abstand zu deiner Arbeit. Ich hatte keine Freunde hier und kein Hobby und wusste am Anfang gar nicht, was ich überhaupt in meiner freien Zeit tun könnte. Am Anfang hatte ich Sorge, zuhause etwas zu verpassen, die Treffen mit Freunden und so. Aber jetzt weiß ich, dass ich so viel mehr Erfahrung gewonnen habe in nur einem Jahr, wie mir das in meinem Heimatort niemals möglich gewesen wäre.

Natürlich ist die Arbeit auch nicht immer unbeschwert. Viele Familien werden uns vertraut, sie kommen wieder, weil nach einiger Zeit eine erneute Behandlung ansteht. Manchmal verschlechtert sich der Zustand der Kinder, oft ist es wie ein Auf und Ab. Eine Familie hat mir später noch privat geschrieben. Sie hatten eine schrecklich traurige Nachricht: Ihr Kind war unerwartet zuhause verstorben. Damit bin erst gar nicht zurechtgekommen.

Was hast du dann gemacht?

Ich bin dann zu Sabine gegangen und habe mit ihr gesprochen und sie gefragt, wie ich damit umgehen kann. Sie hat mir immer geholfen. Ich sage es immer ein bisschen mit einem Grinsen im Gesicht und ich glaube, Sabine denkt, ich würde sie veräppeln. Tu ich aber nicht. Ich meine es tatsächlich genau wie ich es immer sage: >Sabine ist wie eine Ersatzmama für mich!< Ich konnte ihr alles anvertrauen. Auch als mir am Anfang einige Sachen schwer gefallen sind und ich nicht gleich in den Job so hereingefunden habe. Sie ist einfach immer für mich da. Ich kann mir immer ihren Rat holen. Und inzwischen kennen wir uns auch privat richtig gut, sie wohnt ja auch im Haus.

Was hat dich bewegt?

Es war sehr berührend, so viele Geschichten von den Familien und ihren Kindern zu hören. Wenn du die Anreisen selber machst, das heißt, wenn du die Eltern empfängst, wenn sie hier ankommen und du mitbekommst, warum sie hier sind, was das Kind hat und welche OP vielleicht bevorsteht. Das ist sehr bewegend. Da sind viele gute, aber natürlich auch traurige Geschichten. Am allerschönsten ist es, wenn die Eltern wieder ausziehen und glücklich mit ihrem gesunden Kind nach Hause gehen können.

Siehst du die Welt nun mit anderen Augen?

Ja, du reflektierst natürlich auch, wie gut es dir selbst geht, wenn alle gesund sind, deine Familie und du selbst auch.

Hast du Tipps für deine Nachfolgerinnen?

Ach, hier findet jeder und jede bestimmt ihren eigenen Weg. Aber ich kann natürlich mal verraten, was mir manchmal geholfen hat: Wenn man zum Beispiel mal Tätigkeiten machen muss, die einem nicht so viel Spaß machen, habe ich inzwischen einen ganzen Fundus an Tipps. Ich zum Beispiel mag das Apartment-Putzen nicht so außerordentlich gern. Aber wenn du dir dann überlegst, wofür du das machst. Dass du damit den Familien eine wertvolle Zeit und verbindende Momente mit ihrem Kind in der Klinik schenkst, dann geht dir das viel leichter von der Hand.

Was auch super ist: Wenn du etwas machen musst, dass dir vielleicht lästig oder langweilig vorkommt, zum Beispiel das Kühlschrankreinigen, dann mach es einfach mit einer Ehrenamtlichen zusammen. Dann könnt ihr euch dabei unterhalten und austauschen und dann macht es doch irgendwie Spaß!

Und Magda, unsere Hauswirtschafterin war auch immer ein Motivationsspritze für mich. Denn ich wusste, alles was ich ihr abnehmen kann, bringt Entlastung für sie und ist super fürs Team. Denn wir sind hier alle ganz schön gefordert. Meistens ist das Haus ausgebucht, dann wohnen hier 25 Familien, Mütter und Väter, die sich große Sorgen um ihre Kinder machen. Menschen, die ganz andere Sorgen haben, als Ordnung zu halten oder Lebensmittel auszusortieren.

Was erwartet FSJ-ler im Ronald McDonald Haus?

Auf jeden Fall eine super vielfältige Arbeit, keine Routine. Wenn jemand etwas ganz strikt Strukturiertes sucht, dann ist das hier nicht richtig. Hier ist jeder Tag anders. Es gibt wahnsinnig viele verschiedene Aufgabenbereiche, von der Hauswirtschaft über Büro- und Computerarbeit bis hin zum kreativen Konzeptionieren von wöchentlichen kleinen Events, wie den Verwöhn-Angeboten für die Eltern.

Was hat dir gefallen?

Das ich hier super viel Gutes tun konnte. Ich habe gemerkt, was ich den Familien in ihrer Not und Belastung alles geben konnte. Und auch die Oase hat mir super gefallen. Das ist ja der Aufenthaltsraum im Klinikgebäude, wo Kinder und Eltern und Verwandte sein können, auch die, die nur ambulant da sind. Die erleben dort einfach eine schöne Auszeit vom Klinikalltag, mit frischem Kaffee oder heißem Kakao, mit selbstgebackenem Kuchen und heiteren Spielen, mit Massagesessel, Nestschaukel oder der Sonnenliege im Sommer auf der Terrasse. Und ich konnte das mit ermöglichen, das ist einfach schön und war für mich auch oft eine willkommene Auszeit vom Elternhaus.

Was war der schönste Moment in deinem FSJ?

In der Oase habe ich einen Jungen kennengelernt, der selbst Patient war. Irgendwie hatten wir direkt so einen guten Draht zueinander, wir fühlten uns irgendwie verbunden. Wir mochten uns einfach vom ersten Augenblick an. An seinem letzten Kliniktag ist er nochmal in die Oase gegangen, aber ich selbst hatte keinen Dienst. Dann hat der 10-jährige Luis Jenny, die vor Ort war, gefragt, ob sie mich nochmal anrufen könnte, weil er mich unbedingt nochmal sehen und mir „Tschöö“ sagen wollte. Das war so rührend. Ich bin natürlich sofort rübergeflitzt und es war sehr bewegend. Dieser Augenblick mit Luis, das wird mir immer in Erinnerung bleiben.

Welche Fähigkeit hat dir geholfen?

Ich glaube, dass ich mich gut in die Familien einfühlen konnte. Man braucht ein bisschen Fingerspitzengefühl. Manche möchten in Ruhe gelassen werden, andere freuen sich über ein Gespräch.

Hat dir das FSJ irgendwie für deine Berufsfindung geholfen?

Auf jeden Fall. Ich hatte so viel Spaß an den ganzen Events, die wir uns hier so ausgedacht, geplant und umgesetzt haben, für die Familien und ihre Kinder. Zum Beispiel das große Sommerfest, bei dem wir eine Kinderrockband hatten und eine Tattoo-Bastel-Station. Nach dem FSJ möchte ich nun Tourismus-, Event- und Hotelmanagement studieren. Darauf freue ich mich zwar, aber es wird mir schwerfallen, wenn ich hier weggehen muss und ich werde die Leute hier echt vermissen.

Auf was kann sich die nächste FSJ Generation freuen?

Dass alles wieder möglich sein wird, in der Corona-Zeit war doch einiges eingeschränkt. Und wenn alles gut geht, ist man sogar mit mehreren gleichzeitig im FSJ. Das hatte ich nicht, das wäre schon noch richtig cool gewesen! Was aber prima war, dass mich Mara, meine Vorgängerin noch einarbeiten konnte. Das war ein echt toller Start. Ich hoffe, dass ich auch ganz bald die neue Kraft im Team kennenlernen und einarbeiten darf.

19.06.2023