Neurofibromatose 1. Diese Diagnose und den guten Ratschlag bitte nicht am Abend danach zu googlen bekamen Lauras Eltern als das Mädchen ein Jahr alt war. Sie informierten sich aber doch gleich und beschlossen nach dem ersten Schock über die spontane Genmutation, wunderbare Eltern für ein starkes Kind zu sein! Der Plan geht auf, denn bei dieser Familie hat man das Gefühl sie lieben sich und das Leben.
Als Laura durch die Tür der Oase rollt, hat sie ein neugieriges Lächeln auf dem Gesicht. Ihr Papa schüttelt mir freudig die Hand. Laura weiß schon: „Mama hat gesagt, ihr wollt ein Interview mit mir machen.“ Wir Erwachsenen lachen, sie strahlt. Als wir am Tisch sitzen, trinkt sie einen großen Schluck und fragt dann: „Was willst du denn wissen?“ Ich muss grinsen, diese unbeschwerte Direktheit zeichnet Laura aus.
Schon als sie noch ein Säugling war, fiel Mama Manuela bei ihr eine Krümmung des Unterschenkels auf. Bei einer Röntgenuntersuchung gab ein Mediziner den Hinweis, dass er ein solches Bild bereits im Zusammenhang mit einer Neurofibromatose gesehen habe und verwies an Prof. Dr. Rosenbaum, einem Experten dieses komplexen Krankheitsbildes. Nach erfolgter Untersuchung und der Diagnose NF1 wurde wegen der relativ seltenen Tibiadysplasie der Kontakt zu Dr. von Deimling in Sankt Augustin hergestellt. Seit Dezember 2009 befindet sich Lauras Familie daher mehrmals pro Jahr in der Asklepios Kinderklinik. Die Ronald McDonald Oase lernten sie schnell kennen und schätzen. Immer wenn Laura die Station verlassen durfte, nutzte die Familie auch gemeinsam die vielfältigen Spiel- und Rückzugsmöglichkeiten, wodurch sie sich jedes Mal wohl und aufgehoben fühlten.
Ich bin beeindruckt, wie dieses junge, taffe Mädchen sich entwickelt hat. Inzwischen ist sie 6 Jahre alt und hat die erste Klasse trotz rund 150 Fehlstunden mit einem hervorragenden Zeugnis abgeschlossen. „Bei ihrer Erkrankung ist das nicht selbstverständlich“, erklärt Vater Jörg, „Zu den NF1-Ausprägungen können auch spezifische Lernschwierigkeiten, Aufmerksamkeitsstörungen und körperliches Ungeschick während Leistungsanforderungen gehören.“ Mein Blick wandert wieder zu Laura. Mit kerzengerader Körperhaltung und energisch verschränkten Armen sitzt sie im Rollstuhl vor mir und mosert darüber, dass ihr ehemaliges Bobby-Car von einem kleinen Jungen durch die Oase gefahren wird. „Man sollte eine Fahr-Sperre verhängen!“ Jeder merkt ihr deutlich an, dass sie ein agiles und lebenslustiges Kind ist.
Ihr frohes Gemüt belebte alle bisherigen Behandlungen. Ob Rollstuhl, Orthese oder Gips – Laura hatte immer einen Plan B zur Umsetzung ihrer Ideen und fand sich niemals eingeschränkt. Zuhause in der ersten Etage zogen in vier Zimmer die bunten Welten von Tinkerbell, Polly, Playmobil und Barbie ein. Der Arbeitgeber von Lauras Mutter reagierte damals sehr entgegenkommend. Die Chemielaborantin konnte sich ein Homeoffice für Auswertungen einrichten und weiterhin Vollzeit arbeiten. Lauras größter Triumph war bisweilen das Fußballspielen mit Ring-Fixateur. Frei nach dem Motto „Da kam einer und machte es einfach“ versetzte sie ihre Ärzte letztes Jahr in Staunen, als sie über die Wiese lief und den Ball vor sich herkickte. Ein besonderer Moment – auch für ihre stolzen Eltern!
Aktuell ist Lauras linker Unterschenkel noch eingegipst. Heute ist sie zur Anprobe in der Kinderklinik, da sie nach der Operation in den Osterferien, bei der ihr ein mitwachsender Nagel eingesetzt wurde, für die kommenden Monate eine Schutzorthese bekommt.
„Möglichst wenige Symptomauswüchse“, formuliert Papa Jörg die Zukunftswünsche, da der Krankheitsverlauf bei NF1 nicht vorhersagbar ist. Die junge Dame hingegen hat erstmal ein konkretes Ziel vor Augen: „Ich will im Pool schwimmen lernen“, sagt sie enthusiastisch und ich habe keine Zweifel daran, dass sie ihren Plan in die Tat umsetzt.
24.01.2015