Lotta – half a heart, twice the fight – Ronald McDonald Haus Bad Oeynhausen
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Lotta – half a heart, twice the fight

Die Geschichte von Lotta kann man nicht ohne Corona erzählen, denn Lotta wurde 2020 geboren. Hier erzählt ihre Mama Lottas Geschichte - von der unerwarteten Diagnose HLHS während der Schwangerschaft über Lottas Weg ins Leben und den damit verbundenen Herausforderungen für die ganze Familie bis heute, 8 Monate und viele Fortschritte später.

Lottas Familie hält zusammen!
Lottas hat schon einiges geschafft
Lotta mit den ganzen Schläuchen zu sehen fällt schwer.
Lotta ist auf einem guten Weg - Tag für Tag, Schritt für Schritt

>Im Gegensatz zu meiner ersten Schwangerschaft zwei Jahre zuvor, gab es kein Aquafit und keine Schwangerschaftsgymnastik und mein Mann durfte bei den Arztterminen nicht dabei sein, sich nicht zusammen mit mir über die Ultraschallaufnahmen freuen und die Unsicherheit, ob er wenigstens bei der näherrückenden Geburt anwesend sein dürfte, zermarterte uns. In der 30. Schwangerschaftswoche hatte ich dann, weil ich mittlerweile 35 war, einen zusätzlichen Ultraschalltermin im Krankenhaus und wir freuten uns darauf, auch endlich das Geschlecht unseres Kindes zu erfahren.

Die Diagnose HLHS (unser Kind hat nur ein halbes Herz) traf mich aus dem Nichts. Zum Glück durfte mein Mann zum Gespräch dazukommen, auch wenn es mir damals wie eine Ewigkeit vorkam, bis er endlich bei mir war. Wir hatten Glück und der Kinderkardiologe, der uns aufklärte, hatte an einem Krankenhaus gelernt, dass HLHS als Forschungsschwerpunkt hatte. Nichtsdestotrotz wird man bei einem solchen schweren und irreparablen Herzfehler gefragt, ob man sich trotzdem für das Kind entscheiden möchte. Diese Frage im Endspurt der Schwangerschaft unseres Wunschkindes gestellt zu bekommen, fühlte sich mehr als nur falsch an. Die Entscheidung würde uns keiner abnehmen können und ebenso konnte uns keiner sagen, ob unser Kind ein einigermaßen normales Leben ohne große Einschränkungen führen würde, oder ob es ein schwerer Pflegefall aufgrund von körperlicher und/oder geistiger Behinderung sein könnte. Hinzu kam die Tatsache, dass viele der Betroffenen nicht einmal ihren 30. Geburtstag erleben.

Die Zukunft ist ungewiss – es gibt keinen Masterplan

Gerade in unserem Umfeld wurden wir darauf hingewiesen, ob wir uns wirklich so einer Belastung aussetzen wollen und ob wir es unserem ersten Kind gegenüber verantworten können. Aber für uns war klar, dass solange unser Baby Spaß am Leben haben würde, es jede Mühe wert wäre und dabei ist es dann auch geblieben. Die Schwangerschaft abzubrechen oder den "natürlichen" Weg zu gehen, sodass das Kind ohne medizinische Intervention in den Tagen nach der Geburt „einschläft“, kam für uns nicht in Frage – und bis heute haben wir diese Entscheidung nicht bereut.

Doch gleichzeitig wankte plötzlich unsere gesamte Lebensplanung. Die Elternzeit für eine Auswanderung auf Zeit zu nutzen konnten wir vergessen, auf einmal war nicht einmal mehr klar, ob ich wieder arbeiten gehen kann oder ob wir überhaupt jemals wieder ins Ausland reisen können. Und so mischten sich unter die Vorfreude auf unser zweites Kind auch Zukunftsängste und Kummer und das schlechte Gewissen darüber. Würde man Lotta aufgrund ihrer Behinderung hänseln? Würde mein Sohn unter der Situation mit seiner Schwester leiden? Wie soll ich es verkraften, wenn ich mein eigenes Kind überleben sollte? Am Ende kam ich aber zu dem Schluss, dass Kinder auch aufgrund der falschen Schuhe gehänselt werden können, die Rücksichtnahme auf ein behindertes Geschwisterchen den Charakter stärkt und man auch bei einem gesunden Kind nicht weiß, wie alt es wird oder ob es nicht durch einen Unfall plötzlich eine Behinderung davonträgt. Und auch die Medizin entwickelt sich stetig weiter, so dass auch da nichts in Stein gemeißelt ist. - Wer Kinder hat, der wird ohnehin früher oder später die Erfahrung machen, dass es doch immer anders kommt, als geplant. Wir würden also erst einmal ohne Masterplan auskommen müssen.

Lottas Start ins Leben

Lotta kam per Kaiserschnitt zur Welt und wurde über eine Verbindung direkt vom Kreissaal in die Herz-Klinik gebracht. Mein Mann war bei ihr und konnte mir berichten. Wir hatten das Glück, einen Platz im Ronald McDonald Haus bekommen zu haben. Mit uns war auch meine Mutter eingezogen, so dass sie währenddessen auf meinen kleinen Sohn (damals 1 ¾ Jahre alt) aufpassen konnte. Am zweiten Tag konnte ich dann schon per Rollstuhl selber vorbeischauen. Die Ärzte machten uns nicht allzu große Hoffnungen, weil Lottas Fall in dieser Konstellation erst dreimal dokumentiert wurde. Ein Kind verstarb während der Schwangerschaft, das zweite wurde erst gar nicht operiert und von dem dritten war nichts weiter beschrieben. Also absolutes Neuland auch für die Ärzte und so wurde sie vor ihrer OP am 4. Tag noch notgetauft.

So ein kleines Würmchen nach der OP mit all den Schläuchen im Körper zu sehen, ist nur schwer zu ertragen. Doch unsere kleine Kämpferin wollte leben und so wechselten mein Mann und ich uns an ihrem Bett ab. Freuten uns über jedes Medikament weniger, jeden kleinen Fortschritt und weinten so manche Träne, wenn es wieder einmal einen Rückschlag gab. Und dann diese unglaublichen Momente, wenn man nach Wochen das eigene Baby zum ersten Mal im Arm halten kann, einfach unbeschreiblich. Und so lehrte mich Lotta direkt die erste Lektion, sich mehr über Dinge zu freuen, die ich vorher als Selbstverständlichkeit hingenommen hatte. Mein kleiner Sohn gab mir in dieser Zeit viel Kraft, wie er durchs Haus flitzte und den ein oder anderen Schabernack anstellte. Und ich wünschte mir nichts sehnlicher als Lotta einmal genauso hinterherlaufen zu müssen.

Zuhause auf Zeit im Ronald McDonald Haus

Auch wenn Corona im Ronald McDonald Haus vor allem Gesichter mit Masken und Distanz bedeutete, so kam man doch mit den ein oder anderen Eltern ins Gespräch und fieberte mit ihnen mit. Die Mitarbeiter und die vielen Ehrenamtlichen des Ronald McDonald Hauses gaben sich alle Mühe uns das Zuhause auf Zeit trotz Corona so schön wie möglich zu machen und auch, wenn wir nur erahnen können, wie schön es dort ohne die ganzen Auflagen und Einschränkungen ist, so hat uns der Aufenthalt dort sehr geholfen. Für viele, die nicht in der Nähe wohnen, so wie wir, ist es die einzige Möglichkeit ihr Kind täglich zu besuchen und für einige ist auch für sehr viel länger als nur einige Wochen ein Heim. Denn wenn Eltern und Geschwister darauf warten, dass für ihr Herzkind ein Spenderherz gefunden wird, dann vergehen nicht selten ein bis zwei Jahre.

Wir hingegen konnten nach 2 Monaten und einigen Rückschlägen mit Lotta das Krankenhaus verlassen und nach Hause fahren. Ein unglaubliches Gefühl als Familie zusammen zu sein, nun konnte also unser Familienleben beginnen. Endlich lernte Lotta auch ihren großen Bruder kennen. Doch es gab auch Sorgen: Lotta trank nicht selbstständig, sondern musste sondiert werden, ihr Leben hing an einem Shunt, den sie bis zur zweiten OP hatte, weshalb sie weder großartig schreien konnte, noch Druck auf ihren Bauch ausgeübt werden sollte, wie es z.B. beim Rundrücken in einer Trage oder der Bauchlage der Fall wäre. Sie wurde über einen Monitor überwacht, hatte häufig Bauchschmerzen und erbrach ihre Milch. Wöchentlich standen Arzt-, Frühförderungs-, Physiotherapie- und Logopädie-Termine an. Den bürokratischen Akt um Lotta zu ihrem Recht zu verhelfen, möchte ich erst gar nicht erwähnen. Aber wir wuchsen mit unseren Aufgaben und auch wenn es das ein oder andere graue Haar kostete, war jedes Lächeln von Lotta diese Mühe wert.

Die Familie hält zusammen – und Lotta kämpft sich durch die ersten Monate

Vom Sommer hatten wir wegen der ganzen Besuche bei Lotta nicht viel mitbekommen. Unser Sohn feierte kurz nach der Entlassung seinen zweiten Geburtstag. Und wir hatten einen Vormittagskindergartenplatz ergattert. Doch mit dem Kindergarten kamen auch die ersten Krankheiten. Was für unseren Sohn nur ein kleiner Schnupfen oder Husten war, bedeutete für Lotta einen erneuten Krankenhausaufenthalt, wegen Fieber, zu hohem Puls und zu niedrigen Sauerstoffwerten. Die Corona-bedingte Kurzarbeit bedeutete zwar aufkommende Existenzängste, vor allem aber die Möglichkeit, die Kinder mit beiden Eltern zu versorgen. Denn wenn ein Elternteil mit Lotta im Krankenhaus war, musste unser Sohn ja trotzdem betreut werden. Und auch sonst ist es alleine kaum zu schaffen ein Kleinkind zu beaufsichtigen, während man gleichzeitig 20 Stunden am Tag damit beschäftigt ist, ein Baby zu sondieren und zu versorgen. In der gesamten Zeit zwischen den beiden OPs haben wir es vielleicht zwei bis drei Mal geschafft, einen Spaziergang mit Lotta im Kinderwagen zu machen.

Nach 4 Monaten mussten wir Lotta dann auf Spezialnahrung umstellen, weil sie immer noch ihr Geburtsgewicht hatte. Die zweite Corona-Welle erreichte eine Bedrohlichkeit, dass wir unseren Sohn aus dem Kindergarten nahmen und versuchten, jegliche Kontakte auch dem Rest der Familie gegenüber so gut es ging zu vermeiden. Aus unserem Freundeskreis und der Familie bekamen wir, wenn auch nur aus der Ferne, viel Zuspruch und Trost und doch fühlte man sich zuweilen sehr alleine. Aber vielleicht fiel uns das Einschränken auch etwas leichter, denn im Grunde verpassten wir ja nichts. Wegen Corona war ja ohnehin alles geschlossen. Ich hatte mich auch in zahlreichen Herz-Foren angemeldet, da bekam man zwar den einen oder anderen guten Tipp, gleichzeitig stiegen aber auch die Ängste mit jedem Sternenkind, das es nicht geschafft hatte. Schwer war es vor allem an Weihnachten, weil ich gehofft hatte, Lottas zweite OP bis dahin hinter uns zu haben, aber zumindest erreichte sie dann endlich die benötigten 5kg, um den nächsten OP-Schritt zeitnah angehen zu können.

Die zweite OP fand dann aber trotzdem erst im März statt. Das Ronald McDonald Haus bot uns erneut ein Zuhause auf Zeit, wenn auch dieses Mal berechtigterweise wieder nur mit vielen Auflagen. Ich war so froh, dass meine kleine Lotta auch die zweite OP ohne große Probleme gemeistert hatte. Und doch traf es mich unheimlich, sie wieder auf der Kinderintensivstation beatmet und mit all den Schläuchen zu sehen. So als hätte es all die Fortschritte der letzten 8 Monate gar nicht gegeben. Sollte das wirklich mein brabbelnder, quirliger kleiner Sonnenschein sein? Aber Lotta erholte sich innerhalb von Tagen. Und auch diesmal waren mein Mann und mein Sohn an meiner Seite mir eine große Stütze, und ließen mich lachen, bevor mich Ängste allzu sehr zum Grübeln brachten.

Schritt für Schritt, Tag für Tag in die Zukunft

Wie es jetzt weitergeht? Hoffentlich mit selbstständigen Essen und Trinken, der dritten OP mit 15 kg und einem langen und glücklichen Leben voller kleiner und großer Abenteuer. Wir stehen erst am Anfang des Weges, deshalb weiß ich nicht, ob unsere Geschichte anderen Eltern helfen oder sie beruhigen kann, aber vielleicht macht sie zumindest ein bisschen Mut und gibt das Gefühl nicht alleine zu sein. Wir müssen nicht alles auf einmal schaffen. Schritt für Schritt, Tag für Tag. Die besonderen Kinder wählen ihre Familien nicht zufällig. Danke Lotta, dass Du uns gewählt hast! Und hoffentlich darf ich in einigen Jahren wieder berichten, wie Lottas – oder besser gesagt: unsere – Geschichte weiter verlaufen ist.<

18.03.21

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