Im Dezember 2016 zogen Jennifer und Tobias kurz nach der Geburt ihrer kleinen Tochter Leandra in das Ronald McDonald Haus Kiel. Als sie auf den Parkplatz fuhren und die schwere Tür der großen Backsteinvilla öffneten, ahnten sie noch nicht, was sie in den nächsten Monaten erleben würden, denn das Ronald McDonald Haus wurde für die nächsten 4 Monate ihr Zuhause. Was sie erlebt haben und wie es sich anfühlt, im „Ronny“ zu wohnen, schildern sie selbst.
„Es ist einer dieser Tage, an denen man zusammensitzt und sich fragt, wann aus den vielen fremden Personen in der Küche eigentlich Freunde geworden sind. Freunde, die einem in einer schweren Zeit zur Seite stehen, die einem Zuhören und Halt geben. Halt in einer Zeit, die man nicht beschreiben kann.
Wir leben, wir leiden und wir lachen. Jedes unserer Kinder ist schwer krank, doch wir haben hier im Haus eine Oase gefunden, in der wir einfach Mensch sein können. Wir lachen, wir lästern, wir schimpfen; wir diskutieren die tägliche Visite, erklären den Neuen die vielen Abkürzungen und spannen ein Netz. Ein Netz, dass uns alle tragen kann, welches uns auffängt in dieser schweren Zeit.
Zeit, ein dehnbarer Begriff. Langzeitinsassen treffen auf Frischlinge, doch es ist egal. Egal woher man kommt, egal wer man ist. Wir sitzen alle in einem Boot, das hoffentlich nicht kentert. Fernab von all den Sorgen bauen wir uns hier ein normales Leben auf, mit allen Widrigkeiten, die so ein Ausnahmealltag mit sich bringt. Wir feiern Überraschungsgeburtstag, nehmen Geschwisterkinder in unserer Mitte auf und verabreden uns zum gemeinsamen Essen.
So wie vor ein paar Tagen. Der Tisch ist gedeckt, das Fleisch geschnitten und das Gemüse wartet auf seinen Einsatz. Kurz nach 20 Uhr, die Besuchszeit ist vorbei und man wartet gespannt. Geht es allen gut? Ein Anruf, es gibt Schwierigkeiten, aber alles im Griff. Ein kurzer Schreck, doch der Blick in die anderen Gesichter sagt einem, man ist angekommen. Das Raclette brutzelt und für einen Moment fallen die Sorgen von einem ab. Luft anhalten und abschalten, die Last zur Seite legen und einfach mal normal sein. Dann werden Witze gerissen, Zoten erzählt und Tränen gelacht.
Wer wir sind? Wir sind Seelentröster und Nutella-Gang, wir sind Schiffbrüchige, die sich eine Insel bewohnbar machen. Wir sind Familie auf Zeit und Freunde im Herzen!“
05.05.2017