„Als unser 4-jähriger Sohn Tom aufgrund eines epileptischen Anfalls in die Klinik gebracht wurde, war Hannes, unser Neugeborener, gerade eine Woche alt und die Schwestern Lilli (5) und Lotta (3) außer sich vor Sorge. Auslöser des Anfalls war allem Anschein nach ein gutartiger Hirntumor im rechten Schläfenlappenbereich, welcher beobachtet werden sollte.
Bei dem nächsten MRT zweieinhalb Monate später stellte sich heraus, dass der Tumor extrem gewachsen war – mittlerweile wissen wir, dass es sich um ein anaplastisches Oligodendrogliom WHO-Grad III handelte, also Krebs. Nun musste alles sehr schnell gehen. Doch für eine sechsköpfige Familie gibt es so manches, was gut organisiert werden muss. Für meinen Mann und mich war klar, dass wir beide Tom auf diesem Weg begleiten werden. Die zwei Mädels kamen zu den Großeltern, den kleinen Hannes aber mussten wir mitnehmen, da er noch gestillt wurde. Die Case Managerin der Uniklinik hatte uns auf die Warteliste des Ronald McDonald Hauses gesetzt, was das genau für uns bedeutete, wussten wir zu diesem Zeitpunkt gar nicht.
Noch vor der schweren OP zogen wir ein. Hier hatten wir einen Rückzugsort, der zum einen in nächster Nähe zur Klinik war, zum anderen aber auch Raum zum Verweilen und Ablenken bot und gleichzeitig ein Raum des Verstandenwerdens war. Als Tom nach zwei Tagen auf die Normalstation verlegt wurde, konnte sein Papa als Begleitperson zu ihm ziehen. Dennoch war er froh, jeden Tag für kurze Zeit dem beklemmenden Gefühl der Krankenhausluft zu entrinnen, während ich bei unserem Sohn saß, der noch gar nicht verstand, was eigentlich mit ihm geschehen war. Tom erholte sich recht gut von der Operation, doch er war teilweise sehr deprimiert. Auch seine Schwestern, die noch nie von ihrem Bruder getrennt waren, drängten darauf, ihn endlich zu besuchen.
Also holten wir sie übers Wochenende zu uns. Kaum waren die Mädchen da, änderte sich einiges. Plötzlich wurde wieder gelacht, gespielt, gefragt und gezankt. Es war unglaublich schön mit anzusehen, wie die Kinder sich gegenseitig guttaten und dadurch deutlich den Heilungsprozess von Tom beschleunigten. Bereits am nächsten Tag konnte er vom zentralen Zugang befreit werden. Ohne Zugang konnte er sich freier bewegen. Die Mädchen zeigten ihrem Bruder das schöne Spielzimmer, >unsere< Küche und unser Ronald McDonald Haus, was ihn motivierte, ganz schnell zu Kräften zu kommen. Diesen positiven Effekt durften wir einfach nicht beenden, also blieben wir als Familie im Haus, bis Tom nach Rekordzeit aus dem Krankenhaus entlassen wurde. Mittlerweile hat er sowohl die intensive Chemophase als auch 30 Einheiten Bestrahlung hinter sich gebracht und seine Chancen auf eine Heilung sind sehr gut."
25.10.2017